Auf geht’s, FDP!

Wie ich gerade unserem Freund Simon schrieb:

So, lieber Simon, jetzt ist die Frage: Radikalisiert sich Deine FDP in Richtung konservativ und rechts, in Richtung Neoliberalismus, Marktglauben, Euro- und EU-Kritik, versucht sie also, die rechten CDU- und AfD-Wähler zurückzuholen? Oder wird sie endlich wieder eine echte, liberale Partei mit breitem Themenangebot, konzentriert sie sich endlich auf liberale Themen wie Demokratie und Bürgerrechte, z. B. für Homosexuelle, Migranten und Asylbewerber, auf wichtige, moderne Themen wie Datenschutz im Internet, Überwachungs- und Geheimdienstpolitik? Frank Schäffler und sein angeblich „liberaler“ Aufbruch oder Gerhart Baum, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger  und Christian Lindner?

Das, würde ich behaupten, ist eine historische Chance.

About Author: WWWWWSören Brandes

Geboren 1989 in Paderborn, hat Geschichte und Literatur in Berlin und Lund studiert. Master in Moderner Europäischer Geschichte. Promoviert derzeit am Graduiertenkolleg „Moral Economies of Modern Societies“ am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung über die Geschichte des Marktpopulismus. Lebt in Berlin-Neukölln und interessiert sich für eigentlich alles, insbesondere für Globalisierungsphänomene, den Einfluss der Massenmedien darauf, wie wir denken und leben, und europäische Politik. Mail: soeren@unserezeit.eu, Twitter: @Soeren_Brandes, Facebook: Sören Brandes View all posts by

8 Gedanken zu „Auf geht’s, FDP!“

  1. Ich geb dir zwar einerseits recht: liberale Themen wie Demokratie und Bürgerrechte müsste die FDP viel konsequenter vertreten, dabei geht es aktuell insbesondere um Datenschutz und die vollständige Gleichstellung von Homosexuellen.

    Auf der anderen Seite sind „Marktglauben“ und „Neoliberalismus“, wie du sie nennst, keineswegs rechts oder konservativ, sondern zentrale Bestandteile des Liberalismus. Sogesehen müsste jemand, der sich eine echte liberale Partei wünscht, auch den Marktliberalismus mitreinnehmen.

    Eine stärkere Interventionsbereitschaft in Sachen Außenpolitik würde mir bei der FDP zwar auch zusagen, aber das ist wohl nicht zwingend „liberal“.

  2. Nun sind leider alle die oben genannten links-liberalen Themen allesamt durch die Grünen schon lang und breit abgedeckt und – wie ich finde – bei weitem intensiver und kompetenter (Netzpolitik!) betreut als bei unseren Krawatten-Heinos von der FDP.

    Vielleicht muss gar nicht die FDP links-liberal werden, sondern nur ihre Wähler. Diese hätten sich dann lediglich damit anzufreunden, dass grüne Politik Dieselruß-Filter installiert, Kastrierung ohne Betäubung bestraft, Fracking verbietet und durch kostenloses W-LAN in Großstädten „den Markt verzerrt“.

    Ist das wirklich so unerträglich liebe Liberale?

  3. „kostenlos“ heißt das nur, dass der Steuerzahler es zahlen muss. Damit zwingt man zum Beispiel die Leute auf dem Land oder auch die Leute in Großstädten, die kein Internet/W-Lan nutzen möchten, das W-Lan für alle anderen zu bezahlen. Ähnlich ist das mit dem „fahrkartenlosen“ Nahverkehr der Piraten, bei dem alle für einzelne bezahlen sollen. Mit Gerechtigkeit oder Liberalismus hat das wenig zu tun.

    Jemand, der zu den Grünen wechselt, müsste sich ferner mit einer Partei anfreunden, die außenpolitisch noch feiger ist als Merkel, ferner technikfeindlich und bürokratiefreundlich, und mit einer Führungsriege, die im Pädophilie-Skandal alles andere als eine gute Figur macht; selber also schnell personelle Konsequenzen bei anderen fordert, ohne sie selbst ziehen zu wollen.

  4. Ende dieses Jahrhunderts wird es wahrscheinlich noch weit abgefahrene Kommunikationstechnologien geben und die werden sicherlich nicht von irgendeiner staatlichen Behörde erfunden. Sie werden im privaten Sektor entwickelt werden und zwar, weil es sich auf einem freien Markt lohnt, innovativ zu sein. So wie wir es seit 200 Jahren erleben.

    Mit dem Ampelargument könnten Sie übrigens auch die politische Verteilung von Lebensmitteln rechtfertigen.

  5. Also sorry, aber so ist das doch einfach Unsinn. Nicht wenige, wenn nicht die meisten Erfindungen und Innovationen werden eben doch in staatlichen Behörden gemacht: in Universitäten, Forschungsinstituten, Technikabteilungen von Geheimdiensten & Militär, usw. Das Internet hätte es ohne den Staat nicht gegeben, denn gerade in Kriegszeiten (ob das nun heiße Kriege sind oder der Kalte) sind Staaten darauf angewiesen, dass sie innovative Techniken entwickeln, und stellen entsprechende Mittel bereit. Die ganze Geschichte technischen „Fortschritts“ (denn dazu gehören ja leider auch V1, V2 und Atombombe) im 20. Jahrhundert wäre ohne den Staat überhaupt nicht denkbar. Es lohnt sich eben nicht nur für den privaten Sektor auf einem freien Markt, sondern auch für den Staat, insbesondere einen kriegsführenden, und ebenso für einen halbwegs friedlichen Wohlfahrtsstaat, innovativ zu sein. Mehr zur Debatte später.

  6. Das kommt drauf an, was du als staatliche Behörde definierst. Sicherlich wird die Wissenschaft auch vom Staat finanziert, Universitäten und Forschungseinrichtungen sind aber keine politischen Behörden, dort werden keine politischen Entscheidungen getroffen und dort wird auch nicht die Legitimation für politische Entscheidungen gesammelt, dort wird geforscht (und gelehrt).

    Aber ich gebe dir recht, mit dem „privaten Sektor“ habe ich mich vll etwas weit aus dem Fenster gelehnt. Solche Erfindungen und Entwicklungen werden in der Wissenschaft gemacht, die Finanzierung erfolgt durch verschiedene Stellen.

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