Darf man die AfD als rechtspopulistisch bezeichnen?

Ein paar Gedanken in aller Spontaneität

In einer Frühkritik der „Hart aber fair“-Ausgabe vom Montag wird die Konfrontation Bernd Luckes mit dem Vorwurf des Rechtspopulismus (ab min 8:00, leider ohne Rechte an den Bildern) als unfundiert und plump dargestellt – nur weil jemand mehrfach von „entarteter Politik“ spricht, ist er noch kein Rechtspopulist. Sicher mangelt es dem Vorwurf in der Sendung an einem soliden Fundament. Hier will ich dem ersten Spatenstich einen Zweiten hinzufügen:

Roger Griffin – ein weltbekannter Faschismusforscher – hat in seinem Artikel Fascism’s new faces (and new facelessness) in the ‚post-fascist‘ epoch das Propagieren einer „Degeneration“ des Nationalstaats, einen chauvinistischen und populistischen Ultra-Nationalismus und die mythisch verklärte Sehnsucht nach einer Wiedergeburt der Nation als drei Kernkomponenten seines Idealtypus faschistischer Ideologie ausgemacht. Spätestens wenn man mit dieser Brille Luckes Rede zur – die bis vor Kurzem auf der Startseite der AfD abrufbar war – anschaut, dann stellt sich die Frage, warum Fragen der Einwanderungspolitik ausgerechnet am Beispiel der Sinti und Roma durchexerziert werden, in einer Partei, die sich in der Tradition von Bismarcks Preußen sieht und die den Nationalstaat einem integrierten Europa vorzieht.

 

Sicher kann man die AfD nicht als faschistische Partei bezeichnen – ein solcher Vorwurf wäre platt und unangemessen, aber fischen wollen sie in diesen Gewässern anscheinend gern: Sinti und Roma als Beispiel für Fragen der Einwanderungspolitik, das Poklamieren einer degenerierten(/„entarteten“) Politik und Europaskepsis – da kann man die Konturen von Griffins Idealtyp mit ein wenig Mühe erahnen und es wird fragwürdig, ob man diese Rhetorik allein mit der Spontaneität der Reden Luckes erklären kann.
Man sollte die AfD also aufmerksam beobachten. Das sieht auch Tillmann Neuscheler von der FAZ so:
Andererseits: Wer weiß schon ganz genau, was all die anderen, unbekannten Parteimitglieder sagen. Die Zukunft der AfD wird auch davon abhängen, ob der Vorwurf, die AfD sei „rechtspopulistisch“, eine Verunglimpfung ihrer politischen Gegner war, oder ob da etwas Wahrheit dahinter steckt. Allein der Vorwurf ist keine Antwort.

3 Gedanken zu „Darf man die AfD als rechtspopulistisch bezeichnen?“

  1. Wenn die AfD nur aus Luckes bestehen würde, wäre sie wohl unproblematisch. Tut sie aber leider nicht.

    Allerdings habe ich den Eindruck, dass die neuen rechtspopulistischen Parteien in Europa, anders als die Rechtsextremisten in den 20er/30er Jahren, durchaus demokratisch sind. Das macht ihre sonstigen Forderungen nicht angenehmer, heißt aber wohl, dass man sich mit ihnen in irgendeiner Form auseinandersetzen muss.

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