Die Qual der Wahl II

Im April war es auf unserem Blog zwar etwas ruhiger, dafür wollen wir im Mai wieder mit mehr Artikeln aufwarten. Weil sich diverse deutsche Medien mit hilfreichen Informationen zu den anstehenden Europawahlen noch immer zurückhalten, wollen wir in diese Lücke stoßen.

Eine erste Hilfestellung zur Wahlentscheidung kann für manche der altbekannte Wahl-O-Mat bieten. Anhand von 38 Thesen könnt ihr überprüfen, inwieweit eure Positionen mit denen der zur Wahl stehenden Parteien übereinstimmen. Dass sich die Aussagen zu den Thesen von den tatsächlichen Entscheidungen im Parlament bei vielen Parteien häufig unterscheiden, steht dabei auf einem anderen Blatt.

In diesem Jahr wird die Europawahl aber zum ersten Mal nicht nur eine Entscheidung über politische Programme, sondern auch über Personen. Weil die Amtszeit des bisherigen Präsidenten der Europäischen Kommission Manuel Barroso endet, wird die Parlamentswahl gleichzeitig zur Wahl seines Nachfolgers bzw. seiner Nachfolgerin. Dabei soll der Kandidat/die Kandidatin der Partei mit den meisten Stimmen das Amt des Kommissionspräsidenten übernehmen. Zwar muss laut EU-Vertrag bei der Ernennung des Kommissionspräsidenten, die durch den Europäischen Rat erfolgt, das Wahlergebnis nur „berücksichtigt“ werden; doch gilt es als unwahrscheinlich, dass sich der Europäische Rat gegen die Mehrheitsentscheidung der Wähler stellt.

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Wider die Matinalnormativität!

„Morgenstund hat Gold im Mund.“
„Der frühe Vogel fängt den Wurm.“
„Am Abend wird der Faule fleißig.“
Jede_r hat mindestens einen dieser Sätze schon mal hören müssen. Den Wenigsten wird allerdings bewusst, dass dabei ein Ordnungssystem unserer Gesellschaft sichtbar und gleichzeitig reproduziert wird: die Matinalnormativität. Denn Frühaufstehen gilt als Tugend und Matinalisten als leistungsfähig, lang oder zeitversetzt Schlafende dagegen als faul und nutzlos. Diese Norm strukturiert die gesamte Gesellschaft, ohne dass dies hinterfragt oder überhaupt als Missstand wahrgenommen wird.

Die Matinalnormativität der Gesellschaft

Es fängt bereits bei den Kleinsten an. Der Unterricht an den Schulen beginnt in der Regel um acht Uhr. „Zeitig“ nennen das manche ganz unverfroren euphemistisch, obwohl doch zehn Uhr ebenso eine Zeit wäre. Studien zeigen, dass Kinder um acht Uhr morgens in etwa so konzentriert sind wie um 12 Uhr abends. Den Matinalisten ist egal, dass dadurch viel Potenzial auf der Strecke bleiben muss, solange nur weiterhin dem Wecker gehuldigt wird. Das bedeutet im Endeffekt, dass die Kinder aufstehen müssen, wenn die Sonne noch nicht einmal an’s Aufgehen denkt. So wird ihnen schon im jungen Alter eingebläut, dass die Nacht nur dann etwas wert ist, wenn sie zum Morgen umgedeutet wird.

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