Blockchain für jeden

Vielleicht habt ihr schon von Bitcoin gehört – diesem Krypto-Geld aus dem Internet. Vielleicht habt ihr einen Freund oder eine Freundin, die euch bedenklich euphorisch von dieser neuen Technologie erzählt, die mal wieder „die Welt verändern wird“. Diese tut es wirklich. Und wenn ihr euch geärgert habt, dass ihr zu jung wart, als das Internet entstand – jetzt ist eure Chance.

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Die Alternative für Europa

Das Zeitalter der Alternativlosigkeit ist an sein Ende gekommen. Mit Trump, Brexit und der „Alternative für Deutschland“ hat sich ein Gegenmodell zur Globalisierung formiert: Nationalismus, Abschottung, Repression. Wenn die offene Gesellschaft gegen diesen Ansturm eine Chance haben will, muss sie eine eigene, progressive Alternative entwickeln, anstatt den Status Quo zu verteidigen.

„There Is No Alternative.“ Margaret Thatcher begutachtet Truppen in Bermuda,  1990, gemeinfrei via Wikimedia Commons

„There Is No Alternative.“ Mit dem berühmten TINA-Prinzip leitete Margaret Thatcher Ende der 70er Jahre programmatisch das Zeitalter ein, das jetzt an sein Ende kommt: das Zeitalter der Alternativlosigkeit. Die rechten Bewegungen, die derzeit in Mitteleuropa Morgenluft wittern, während sie in den USA, Großbritannien, Ungarn, Polen und Bayern bereits an der Macht sind, präsentieren sich – ganz wie die Faschisten der 20er Jahre – vor allem als Alternative: zur Globalisierung, zu Europa, Technokratie und Freihandel, zur liberalen Demokratie mit Freiheitsrechten, Minderheitenschutz und Rechtsstaat. Der Status Quo ist für sie unerträglich – er muss radikal umgestürzt werden, koste es, was es wolle.

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Panarchy: The State 2.0

The dominant “Westphalian” model of the state, based on sovereignty over territory with borders and monopoly of violence over the people who happen to live in the territory, is obsolete. It fits seventeenth-century technology and pre-global societies when geographical distances could not be traversed easily and information took months to travel the globe. Instead, states may be founded on social contracts rather than sovereignty, service to citizens instead of monopoly over the use of violence in a territory. Panarchy, a political theory of non-territorial states founded on social contracts, introduced in 1860 by Belgian botanist and economist Paul Émile de Puydt, offers an alternative. It proposes that citizens may literally sign a social contract, a constitution, with a state, and may change their states without moving, just as customers can change their insurance policies. Explicit and voluntary social contracts have several advantages over standard social contract theories: They are neither mythical nor hypothetical, but explicit and actual, voluntary and reversible.

The Westphalian State epitomized in the famous book cover of Thomas Hobbes‘ “Leviathan”

Panarchy allows political agents to make reversible political mistakes and then exit and join another state. In Panarchy, the incentive for political innovation and improvement comes from competition between states over citizens-customers. Politics would then develop its own version of creative destruction, when failed states disappear and are replaced by better managed ones, generating a general progressive trend. „Panarchy: The State 2.0“ weiterlesen

Wahlen nach Zahlen – Zahlen nach Wahlen. Warum das Referendum in der Türkei eine Farce war

Erdogan zeigt den Rabia-Gruß; Foto von R4BIA.com via Wikimedia Commons, gemeinfrei

Das türkische Referendum ist gelaufen. Die Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung, AKP), Erdoğan und seine Anhänger haben gewonnen. Nach offiziellen Angaben wurde die neue Verfassung mit 51,41 Prozent angenommen. Die Wahlbeteiligung soll laut staatlichen Verlautbarungen bei 86 Prozent gelegen haben. 51,41 Prozent dafür, 48,59 dagegen. Die größten Städte und urbanen Ballungszentren stimmten mehrheitlich mit Nein. Istanbul, Ankara und Antalya. In Izmir lehnen 67,9 Prozent die Änderungen der Verfassung ab. Die ganze Westküste der Türkei stimmte mehrheitlich mit Nein. So auch im Südosten der Türkei. In den Regionen mit kurdischer Majorität scheinen die Menschen zu wissen, was ihnen unter einem noch ungezügelteren Präsidenten blüht. Erdoğan hatte schon kurz nach dem Sieg ankündigt, im Verbund mit der ultranationalistischen Milliyetçi Hareket Partisi (MHP), der Partei der Nationalistischen Bewegung, die Todesstrafe wieder einzuführen – per Referendum. Der Einsatz der türkischen Armee gegen kurdische Zivilisten wird einen eigenen Beitrag zum dortigen Wahlergebnis geleistet haben. Diyarbakır lehnte die Verfassungsänderung mit 67,6 Prozent ab, die Kurdengebiete stimmten mehrheitlich mit Nein. Trotzdem: eine knappe Mehrheit von 51,41 Prozent stimmte für eine Präsidialdiktatur, 48,59 stimmten dagegen. Diese Zahlen sind Generalisierungen und müssen viele Informationen ausblenden, um wenige Informationen zu generieren. Sie sind Resultat einer Reduktion von Komplexität. Wie nach jeder Wahl bewirkt die pedantische Fokussierung auf das numerische Resultat einen Verdunklungseffekt, denn man übersieht leicht die Rahmenbedingungen, unter denen das Zahlenverhältnis 51,41:48,59 zustande kommen konnte. Diese Rahmenbedingungen aber entscheiden darüber, ob eine Wahl das Adjektiv demokratisch für sich reklamieren kann oder nicht.

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Ihr seid nicht das Volk! Europäische Ideen gegen rechtspopulistische Propaganda

Grenzkontrollen? Volksgemeinschaft? Heim ins Reich? Neeein, danke! Wir können neue Ideen von Politik, Staat und Kultur entwickeln, um Europa als solidarisches Projekt neu zu erschaffen.

Die Schnelligkeit, mit der 2016 eine böse politische Überraschung die nächste jagte, war bemerkenswert. Es wurde viel darüber diskutiert, wie man mit der Formierung einer autoritären Internationalen oder den Wahlsiegen rechtspopulistischer Parteien umgehen sollte. 2017 ist ebenfalls ein bedeutendes Wahljahr, in dem rechte Parteien in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland die Möglichkeit haben große Erfolge heimzufahren.

Gibt es liberale oder linke Visionen, Bewegungen oder Parteien, die jenen Wählern eine glaubhafte Alternative bieten können, die mit dem Status Quo unzufrieden sind? Oder haben sich die liberalen Demokratien müde gelaufen und haben nur noch Figuren wie Angela Merkel, Hillary Clinton, David Cameron, François Hollande oder Mariano Rajoy anzubieten, die emblematisch für ein „business as usual“ stehen und deren größte Versprechungen sind, dass es kommenden Generationen vielleicht und unter günstigen Umständen nur etwas schlechter gehen wird als ihren Eltern?

Wie lässt sich eine Alternative zu unserer Gegenwart denken, die Menschen begeistern kann und nicht auf Angst und Ausgrenzung aufgebaut ist? Wie lässt sich also – um zwei Ausdrücke Ernst Blochs aufzugreifen – mit „militantem Optimismus“ eine „konkrete Utopie“ entwerfen? Dies sind wohlgemerkt offene Fragen, über die wir uns jedoch unterhalten sollten. „Ihr seid nicht das Volk! Europäische Ideen gegen rechtspopulistische Propaganda“ weiterlesen

Rechtes Denken, linkes Denken

Wenn man heutzutage jemanden so richtig beleidigen möchte, genügt es schon, ihn als politisch rechts zu bezeichnen. Schon ‘konservativ’ reicht aus. Denn das sagte ich meiner Begleitung nachts auf dem Nachhauseweg in einem Berliner Taxi. Das fand sie gar nicht gut, auch wenn es neutral festgestellt, wenn auch zugegeben nicht mehr ganz nüchtern vorgetragen wurde.

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Zwang statt Kooperation – Der deutsche Sozialstaat und der steinige Weg zum BGE

Das BGE basiert auf dem Gedanken von Freiwilligkeit, Selbstbestimmung und Kooperation. Die deutsche Sozialgesetzgebung hingegen ist maßgeblich geprägt durch die erzwungene Kooperation. Der Beitrag wirft einen Blick auf den Status Quo und die Risiken und Nebenwirkungen der „Hartz IV“-Gesetze und zeigt auf, wo erste Stellschrauben gedreht werden können und müssen.

Das download9bedingungslose Grundeinkommen (BGE) knüpft, wie in dem Artikel „Wo Karl Marx recht hatte“ beleuchtet, an den liberalen Gedanken von der Freiwilligkeit des Einsatzes der Arbeitskraft und der damit einhergehenden Gleichberechtigung an. Indem das BGE den Menschen die Existenz sichert, ermöglicht es ihnen Autonomie und Selbstbestimmung. Im Gegensatz dazu steht die deutsche Sozialgesetzgebung, die insbesondere im Bereich der Fürsorge maßgeblich geprägt ist von dem Zwang immer und überall bereit zu sein, die  eigene Arbeitskraft einzusetzen. Dieser Beitrag will zunächst einen Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen des Sozialstaates werfen und anhand einer näheren Betrachtung des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II, geläufig auch unter den Schlagwörtern „Arbeitslosengeld 2“ oder „Hartz IV“) seine zu Grunde liegenden Prinzipien herausarbeiten. In einem zweiten Schritt werde ich Risiken und Probleme der derzeitigen Regelung aufzeigen und der Frage nachgehen, welche ersten Schritte auf dem Weg hin zum BGE möglich und notwendig wären. „Zwang statt Kooperation – Der deutsche Sozialstaat und der steinige Weg zum BGE“ weiterlesen

Wo Karl Marx recht hatte. Warum wir jetzt über das bedingungslose Grundeinkommen nachdenken müssen

Karl Marx hatte recht. Nicht in Allem, vielleicht nicht einmal in Vielem, aber doch: Es gibt mindestens eine Schwäche (kapitalistischen) Wirtschaftens, die er präzise wie kaum ein anderer erfasst und benannt hat: Im Kapitalismus, so schrieb Marx in Das Kapital, ist der Arbeiter „frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andererseits andere Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen“. Das bedeutet, dass der Arbeiter „seine Arbeitskraft selbst, die nur in seiner lebendigen Leiblichkeit existiert, als Ware feilbieten muß“. Der Arbeiter also, so könnte man etwas weniger umständlich formulieren, hat keine Wahl – er muss arbeiten, um zu überleben.

John Jabez Edwin Mayall: Foto von Karl Marx, vor 1973
John Jabez Edwin Mayall: Foto von Karl Marx, vor 1873

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Erlogene Wahrheiten und wahre Lügen. Verschwörungstheoristen und die Realität der Massenmedien

Warum Realität fluider wird, Verschwörungsphantasien ein regressiver Reflex auf moderne Massenmedien sein könnten und kritische Vernunft erkenntnisfördernd wirkt.

Wenn die Welt von Marx für ihn aussah wie eine unglaubliche Ansammlung von Waren – diesen Dingern „voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken“ – wie würde sich Marx dann heute in der Welt zurechtfinden? Das „Informationszeitalter“ hat gelernt, eine ganz eigene Produktionsweise von Waren in Form von Meinungsofferten zu entwickeln, die sich augenscheinlich sehr differenziert hat. Diese Waren werden nicht mehr primär auf ökonomischen Märkten gehandelt, sondern auf hoch frequentierten und hoch frequenten Märkten für Öffentlichkeiten. Meinungen, Neuigkeiten, Nachrichten kursieren als Produkte dieser Märkte und werden bewertet und konsumiert. Auch hier, ganz wie auf den ökonomischen Märkten, herrscht Überfülle: ein riesiges Spektrum an Meinungsbedürfnissen kann/könnte befriedigt werden. Die Medienlandschaft will und muss sich, um das leisten zu können, organisieren – gesellschaftlich und eben nicht persönlich organisieren wie manche „Lügenpresse!“-Schreihälse es sich scheinbar nur vorstellen können. Es gibt keine Leitinstanz, kein Kartell, keine Oberhoheit, das die Medien steuern oder auch nur überblicken könnte. Massenmedien steuern sich selbstreferenziell. Und dies ist eine unglaublich unwahrscheinliche und bewahrenswerte Kostbarkeit.

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Apokalypse oder Weltfrieden? Geschichten der Gewalt im 21. Jahrhundert

Seit 2011 verzeichnen die statistischen Untersuchungen des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung neue Rekordwerte für die Zeit nach 1945 in den Kategorien ‚Krieg‘ und ‚hochgewaltsame Konflikte‘. Im Februar 2012 wurde der Vorsitzende des amerikanischen Generalstabs, Martin E. Dempsey, vor einem Komitee des Abgeordnetenhauses zu geplanten Kürzungen des Verteidigungsetats befragt. Er sagte: „In my personal military judgment, formed over 38 years, we are living in the most dangerous time in my lifetime right now, and I think sequestration would be completely oblivious to that, and counterproductive”. Hier kann man natürlich einwenden, dass dem armen Mann gar nichts anderes übrig bleibt, als ein Gefühl der ständigen Bedrohung aufrechtzuerhalten, möchte er nicht den Ast absägen, auf dem er sitzt. Aber gebe ich mich vielleicht Illusionen hin, wenn ich mir einrede, der Mann lüge wider besseren Wissens aus bloßem Eigennutz?

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