Die Alternative für Europa

Das Zeitalter der Alternativlosigkeit ist an sein Ende gekommen. Mit Trump, Brexit und der „Alternative für Deutschland“ hat sich ein Gegenmodell zur Globalisierung formiert: Nationalismus, Abschottung, Repression. Wenn die offene Gesellschaft gegen diesen Ansturm eine Chance haben will, muss sie eine eigene, progressive Alternative entwickeln, anstatt den Status Quo zu verteidigen.

„There Is No Alternative.“ Margaret Thatcher begutachtet Truppen in Bermuda,  1990, gemeinfrei via Wikimedia Commons

„There Is No Alternative.“ Mit dem berühmten TINA-Prinzip leitete Margaret Thatcher Ende der 70er Jahre programmatisch das Zeitalter ein, das jetzt an sein Ende kommt: das Zeitalter der Alternativlosigkeit. Die rechten Bewegungen, die derzeit in Mitteleuropa Morgenluft wittern, während sie in den USA, Großbritannien, Ungarn, Polen und Bayern bereits an der Macht sind, präsentieren sich – ganz wie die Faschisten der 20er Jahre – vor allem als Alternative: zur Globalisierung, zu Europa, Technokratie und Freihandel, zur liberalen Demokratie mit Freiheitsrechten, Minderheitenschutz und Rechtsstaat. Der Status Quo ist für sie unerträglich – er muss radikal umgestürzt werden, koste es, was es wolle.

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Ich sehe was, was du nicht siehst

Bei den Protesten rund um den G-20 Gipfel war Gewalt omnipräsent. Vermummt, schwarz gekleidet und teilweise hoch aggressiv zeigte sich die Staatsgewalt in Hochform. Wer jetzt vom „Linken Terror“ redet, übertreibt maßlos und legitimiert unverhältnismäßige Polizeigewalt.

Aleppo, Donezk, Mossul – Hamburg!?

Wer als Zuschauerin am politisch und massenmedial aufgebauschten Thema Linksextremismus teilnimmt, dem graust mittlerweile schon dann, wenn das Wort „Schwarzer Block“ nur fällt. Das ist verständlich. Eine gut organisierte paramilitärische Einheit soll die Hölle über Hamburg gebracht haben. Für den Stern war die Lage „apokalyptisch“, er berichtet über die „Schlacht“ in der „Kampfzone“ Hafenstraße, von einer „Armee in schwarzer Uniform“, von „schwarzen Kämpfern“. Diese angsteinflößende Armee muss auch Stefan Dammann vom Weserkurier erschüttert haben, denn ihm zufolge herrschten in Hamburg „kriegsähnliche Zustände“. Klar denkt die Leserin dann gleich an Afghanistan, ein Land im „kriegsähnlichen Zustand“ (Theodor zu Guttenberg). Eine Sandra P. wird derweil in der Zeit zitiert: „Es war wie im Krieg.“ Als André Trepoll, Fraktionsvorsitzender der Hamburger CDU, im Senat schilderte, was seine „Kollegin“ von einer „älteren Hamburgerin“ erfahren haben will, ergibt sich ein eindeutiges Bild Hamburgs in den Zeiten von G20. Die Hamburgerin fühlte sich an „ihre Jugendzeit im Krieg erinnert“, so Trepoll.

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Rechtes Denken, linkes Denken

Wenn man heutzutage jemanden so richtig beleidigen möchte, genügt es schon, ihn als politisch rechts zu bezeichnen. Schon ‘konservativ’ reicht aus. Denn das sagte ich meiner Begleitung nachts auf dem Nachhauseweg in einem Berliner Taxi. Das fand sie gar nicht gut, auch wenn es neutral festgestellt, wenn auch zugegeben nicht mehr ganz nüchtern vorgetragen wurde.

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Zwang statt Kooperation – Der deutsche Sozialstaat und der steinige Weg zum BGE

Das BGE basiert auf dem Gedanken von Freiwilligkeit, Selbstbestimmung und Kooperation. Die deutsche Sozialgesetzgebung hingegen ist maßgeblich geprägt durch die erzwungene Kooperation. Der Beitrag wirft einen Blick auf den Status Quo und die Risiken und Nebenwirkungen der „Hartz IV“-Gesetze und zeigt auf, wo erste Stellschrauben gedreht werden können und müssen.

Das download9bedingungslose Grundeinkommen (BGE) knüpft, wie in dem Artikel „Wo Karl Marx recht hatte“ beleuchtet, an den liberalen Gedanken von der Freiwilligkeit des Einsatzes der Arbeitskraft und der damit einhergehenden Gleichberechtigung an. Indem das BGE den Menschen die Existenz sichert, ermöglicht es ihnen Autonomie und Selbstbestimmung. Im Gegensatz dazu steht die deutsche Sozialgesetzgebung, die insbesondere im Bereich der Fürsorge maßgeblich geprägt ist von dem Zwang immer und überall bereit zu sein, die  eigene Arbeitskraft einzusetzen. Dieser Beitrag will zunächst einen Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen des Sozialstaates werfen und anhand einer näheren Betrachtung des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II, geläufig auch unter den Schlagwörtern „Arbeitslosengeld 2“ oder „Hartz IV“) seine zu Grunde liegenden Prinzipien herausarbeiten. In einem zweiten Schritt werde ich Risiken und Probleme der derzeitigen Regelung aufzeigen und der Frage nachgehen, welche ersten Schritte auf dem Weg hin zum BGE möglich und notwendig wären. „Zwang statt Kooperation – Der deutsche Sozialstaat und der steinige Weg zum BGE“ weiterlesen

Der Feind, liebe Linke, steht rechts

Gut, ich gebe es zu: Ich habe die Linken auf dem Kieker. Das liegt allerdings nur daran, dass ich selbst ein Linker bin. Ich will, dass alle Menschen frei und gleich werden. Ich will, dass die Welt besser und gerechter wird. Ich will, dass Rassismus, Sexismus und Nationalismus aus der Welt verschwinden, lieber gestern als morgen. Ich will, dass alle Menschen in Wohlstand leben können. Ich trage also auch das gute alte linke Bedürfnis mit mir herum, die Welt zu verändern. („Wir alle sind Atlanten und tragen die Welt auf den Schultern“, wie Erik gerade dichtete. Nunja, Ayn Rand nicht.) Wie viele meiner Freunde bestätigen können, bin ich auch mindestens so selbstgerecht wie die meisten Linken und habe außerdem einen ebenfalls typisch linken, nervtötenden Spaß daran, andere mit meinen politischen Ansichten zu belästigen. Eigentlich bin ich wahrlich ein Vollblutlinker.
Nun habe ich aber einige Probleme mit meinem Linkssein: Erstens werde ich nur selten als Linker wahrgenommen und anerkannt. Damit kann ich noch leben – ich behaupte einfach wacker weiter, dass ich dazugehöre. Zweitens aber finde ich zunehmend Ansichten und Aussagen von Linken, denen ich nicht nur nicht zustimmen kann, sondern denen ich ganz vehement widersprechen muss – und zwar gerade, weil ich links bin. Eine Einladung an junge Südeuropäer, in Deutschland eine Lehrstelle zu suchen, sei eine „Ohrfeige“ für die deutschen Jugendlichen, die, selbstverständlich, zuerst gefördert werden müssten, meint etwa Sahra Wagenknecht. Der Schweizer Sozialdemokrat Rudolf Strahm glaubt, Personenfreizügigkeit über nationale Grenzen hinweg sei ein „neoliberales und menschenverachtendes Konzept“. Oder nehmen wir die Forderung nach einer erneuerten nationalen „Grenzziehung gegenüber der sogenannten ‚Globalisierung’“, die der Soziologe Wolfgang Streeck erhebt. Und Paul Murphy von der Sozialistischen Partei Irlands, bis zur letzten Wahl Abgeordneter im Europäischen Parlament, befindet: „Gäbe es mehr europafeindliche Abgeordnete, ob von links oder rechts, würde das Parlament weniger Schaden anrichten.“

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Eine tolle Performance. Conchita Wurst und wir

„Who could possibly vote a creature like this?? FOR THOSE HOW VOTET HER/HIM :“ FUCK YOU GUYS!!! NOW ALL THE PEOPLE FROM ALL OVER THE WORLD LAUGHS WHEN THEY SEE WHAT EUROPE LIKE! — A HOMO!“ „Duuuu huuuuurensohhhn“. „Diese Schwuchtel sowas gehört nicht in die Gesellschaft“. „Einfach nur ein ekelhaftes Etwas.“ „du spast hast uns noch ch gefählt“. „Wo leben wir denn eigentlich? Und sagt nicht das das natürlich ist.. ..aber was ist das bitte ? Soll DAS Europa verkörpern?“ Oder einfach: „Go kill yourself.“

 

All diese Nettigkeiten habe ich bei einer kurzen Facebook-Recherche nach Reaktionen auf Conchita Wurst gefunden. Die Travestie-Figur des Österreichers Tom Neuwirth ist, wie mittlerweile bekannt sein dürfte, am Samstag Siegerin des Eurovision Song Contest geworden, mit einem Kleid, einem Vollbart und diesem Lied:

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=8fvLtTRzdHw]

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Beantwortung der Frage: Was ist Linksliberalismus?

Wer am Anfang steht, sollte sich erst einmal ein paar Fragen beantworten, die niemand gestellt hat: Was tue ich hier eigentlich? Warum tue ich es? Und von welchem Standpunkt aus? Außerdem sollte er, das steht in jedem guten Gruppenblog-Ratgeber, nach Möglichkeit gleich im ersten Post dem gemeinsam verfassten Eingangsstatement widersprechen, um sich bei seinen Mitbloggern beliebt zu machen. Drittens sollte er schon im zweiten Satz das generische Maskulinum benutzen, damit die Hälfte seiner Leserschaft – das „ganze schöne Geschlecht“, wie Kant sagt – sofort aussteigt. Last not least sollte er auch in der sechsten Zeile noch keineswegs zum eigentlichen Thema gekommen sein. Das nämlich hat den großen Vorteil, dass er in der siebten Zeile endlich allein mit sich ist und ungestört Blödsinn schreiben kann.

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