Ich sehe was, was du nicht siehst

Bei den Protesten rund um den G-20 Gipfel war Gewalt omnipräsent. Vermummt, schwarz gekleidet und teilweise hoch aggressiv zeigte sich die Staatsgewalt in Hochform. Wer jetzt vom „Linken Terror“ redet, übertreibt maßlos und legitimiert unverhältnismäßige Polizeigewalt.

Aleppo, Donezk, Mossul – Hamburg!?

Wer als Zuschauerin am politisch und massenmedial aufgebauschten Thema Linksextremismus teilnimmt, dem graust mittlerweile schon dann, wenn das Wort „Schwarzer Block“ nur fällt. Das ist verständlich. Eine gut organisierte paramilitärische Einheit soll die Hölle über Hamburg gebracht haben. Für den Stern war die Lage „apokalyptisch“, er berichtet über die „Schlacht“ in der „Kampfzone“ Hafenstraße, von einer „Armee in schwarzer Uniform“, von „schwarzen Kämpfern“. Diese angsteinflößende Armee muss auch Stefan Dammann vom Weserkurier erschüttert haben, denn ihm zufolge herrschten in Hamburg „kriegsähnliche Zustände“. Klar denkt die Leserin dann gleich an Afghanistan, ein Land im „kriegsähnlichen Zustand“ (Theodor zu Guttenberg). Eine Sandra P. wird derweil in der Zeit zitiert: „Es war wie im Krieg.“ Als André Trepoll, Fraktionsvorsitzender der Hamburger CDU, im Senat schilderte, was seine „Kollegin“ von einer „älteren Hamburgerin“ erfahren haben will, ergibt sich ein eindeutiges Bild Hamburgs in den Zeiten von G20. Die Hamburgerin fühlte sich an „ihre Jugendzeit im Krieg erinnert“, so Trepoll.

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Schreibt nicht den Teufel an die Wand!

Ich habe die Nase voll. Tod, Katastrophe, Anschlag. Tod, Katastrophe, Anschlag. Ist die Welt so bösartig, wie sie auf uns einprasselt? Würde man den Eilmeldungen der auflagenstärksten Zeitungen, der meist gesehenen Nachrichtensendungen und der meist geklickten Online-Portale Glauben schenken, dann ist die Welt dem Untergang geweiht. Ich habe jetzt alle Nachrichten-Apps auf meinem Smartphone deinstalliert, weil jede destruktive Nachricht alle meinen guten Vorsätze für den Tag zunichte machen kann. „Schreibt nicht den Teufel an die Wand!“ weiterlesen

Eine tolle Performance. Conchita Wurst und wir

„Who could possibly vote a creature like this?? FOR THOSE HOW VOTET HER/HIM :“ FUCK YOU GUYS!!! NOW ALL THE PEOPLE FROM ALL OVER THE WORLD LAUGHS WHEN THEY SEE WHAT EUROPE LIKE! — A HOMO!“ „Duuuu huuuuurensohhhn“. „Diese Schwuchtel sowas gehört nicht in die Gesellschaft“. „Einfach nur ein ekelhaftes Etwas.“ „du spast hast uns noch ch gefählt“. „Wo leben wir denn eigentlich? Und sagt nicht das das natürlich ist.. ..aber was ist das bitte ? Soll DAS Europa verkörpern?“ Oder einfach: „Go kill yourself.“

 

All diese Nettigkeiten habe ich bei einer kurzen Facebook-Recherche nach Reaktionen auf Conchita Wurst gefunden. Die Travestie-Figur des Österreichers Tom Neuwirth ist, wie mittlerweile bekannt sein dürfte, am Samstag Siegerin des Eurovision Song Contest geworden, mit einem Kleid, einem Vollbart und diesem Lied:

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=8fvLtTRzdHw]

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Wider die Matinalnormativität!

„Morgenstund hat Gold im Mund.“
„Der frühe Vogel fängt den Wurm.“
„Am Abend wird der Faule fleißig.“
Jede_r hat mindestens einen dieser Sätze schon mal hören müssen. Den Wenigsten wird allerdings bewusst, dass dabei ein Ordnungssystem unserer Gesellschaft sichtbar und gleichzeitig reproduziert wird: die Matinalnormativität. Denn Frühaufstehen gilt als Tugend und Matinalisten als leistungsfähig, lang oder zeitversetzt Schlafende dagegen als faul und nutzlos. Diese Norm strukturiert die gesamte Gesellschaft, ohne dass dies hinterfragt oder überhaupt als Missstand wahrgenommen wird.

Die Matinalnormativität der Gesellschaft

Es fängt bereits bei den Kleinsten an. Der Unterricht an den Schulen beginnt in der Regel um acht Uhr. „Zeitig“ nennen das manche ganz unverfroren euphemistisch, obwohl doch zehn Uhr ebenso eine Zeit wäre. Studien zeigen, dass Kinder um acht Uhr morgens in etwa so konzentriert sind wie um 12 Uhr abends. Den Matinalisten ist egal, dass dadurch viel Potenzial auf der Strecke bleiben muss, solange nur weiterhin dem Wecker gehuldigt wird. Das bedeutet im Endeffekt, dass die Kinder aufstehen müssen, wenn die Sonne noch nicht einmal an’s Aufgehen denkt. So wird ihnen schon im jungen Alter eingebläut, dass die Nacht nur dann etwas wert ist, wenn sie zum Morgen umgedeutet wird.

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