Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin und Publizistin, hat es schon wieder getan. Sie hat ein extrem streitbares Buch zu einem eigentlich wenig emotionalisierten Thema veröffentlicht: Europapolitik. Ihr Essay Der neue Bürgerkrieg. Das offene Europa und seine Feinde ist im besten Sinne des Wortes eine Streitschrift. Frau Guérot gelingt es erneut in einzigartiger Weise, das Thema der zukünftigen politischen Gestaltung Europas mit Leben zu füllen. Bei der Beschreibung der aktuellen Zustände, welche sie mit den Worten Verteilungs- und Kulturkampf oder gar Bürgerkrieg umreißt, schießt sie rhetorisch allerdings einige Male deutlich über das Ziel hinaus.
Why I am Pro-European: The Democratic Case for Bremain
In many articles, this blog articulates a pro-European perspective. With the British referendum on UK membership in the European Union only a few days ahead, I thought that it’s about time to explain the basis for this endorsement of European integration. After Jonny has shone light on the two sides of the referendum debate, finding that the Leave campaign’s strategy is aimed at misinformation, I will provide a more general justification for an integrated European polity and thus, also, a remain vote.
Different to many rationales we hear in the debate on the British EU referendum, my argument for European integration is not based on economic or security concerns. Nor does it rest on the idea of a European cultural or philosophical heritage or even a nation-like sense of ‘togetherness’ some Europhiles proclaim can be found in Europe. These aspects can provide good reasons for supporting the EU, but for me, they are not convincing enough. My endorsement of European integration is based on my fundamental support for democracy.
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Projektarbeit statt Politikshow – wer den Konflikt um die Ukraine tatsächlich entschärfen könnte
Die Krim ist für die Ukraine verloren. Da können sich die ukrainische Regierung und der Westen noch so sehr auf das Völkerrecht und die ukrainische Verfassung berufen. Russland wird die Halbinsel nicht mehr verlassen.
Der Osten ist nicht die Krim
Was folgt in den nächsten Wochen? Die große Gefahr besteht darin, dass Bevölkerungsteile im Osten der Ukraine ebenfalls einen Anschluss an Russland fordern könnten. Anders als auf der Krim wäre dies in Donezk, Kharkiv oder Luhansk um einiges gefährlicher. Denn hier empfindet sich der Großteil der Bevölkerung trotz der Russischsprachigkeit dennoch als Ukrainer. Zwar sind die Menschen hier aufgrund der geographischen Nähe und der gemeinsamen Geschichte stärker an einer kulturellen und wirtschaftlichen Kooperation mit Russland interessiert. Daraus einen Wunsch nach Anschluss oder Übernahme abzuleiten ist jedoch verwegen. Schließlich fühlt sich Bayern wirtschaftlich und kulturell auch enger mit Österreich verbunden als mit den Niederlanden. Ein militärisches Eingreifen Russlands in diesen Landesteilen würde zu Blutvergießen und Bürgerkrieg führen. Die Folgen wären unabsehbar, vor allem dann, wenn sich die NATO im Angesicht von Gewalt und Krieg in der Mitte Europas zu einem eigenen Eingreifen gezwungen sieht.
Anstatt den Konflikt zwischen dem Westen und Russland durch politische Kampfrhetorik und Konfrontation anzuheizen, sollte intensiv über gemeinsame Projekte beraten werden. Ein solches Projekt kann die Zukunftsfähigkeit der Ukraine sein. Was diese braucht, sind vor allem neue staatliche Strukturen. Neben einer Schwächung des mächtigen Präsidenten und einer Stärkung von Parlament und Regierung, die bereits durch die wieder eingeführte Verfassungsänderung angegangen wurde, muss es vor allem um den Aufbau föderaler Strukturen gehen. Es ist müßig den Politikwissenschaftler Arend Lijphart zu zitieren, da es keinen Akademiker braucht um zu erkennen, dass es gerade bei heterogenen Gesellschaften wie der ukrainischen sowie aufgrund der großen geographischen Distanzen unvernünftig ist, eine zentralistische und alleinentscheidende Regierung zu haben, die von gut 50 Prozent der Bevölkerung als illegitim betrachtet wird. Marcel Röthig von der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger haben sich zuletzt ausführlich zu den Chancen des Föderalismus in der Ukraine geäußert. Ergänzen kann man folgende Punkte:
- Das Risiko einer Abspaltung einzelner Landesteile wird reduziert. Eigene Gestaltungsmöglichkeiten der Regionen machen die Abgabe von Macht (z.B. an Russland) uninteressant. Eine zentralistische Regierung treibt dagegen manche Bevölkerungsteile schon aus Angst in die Arme Russlands.
- Eine föderale Struktur stärkt die Rolle politischer Parteien, indem die Abhängigkeit von der jeweiligen Führungsperson reduziert wird. Die Folge sind tatsächliche politische Programme auf Basis politischer Grundideen, Partizipationsmöglichkeiten für die breite Bevölkerung und Konstanz im politischen Machtgefüge.
- Die zahlreichen Probleme, vor denen Gesellschaft, Staat und Wirtschaft in der Ukraine stehen, können im Sinne des Subsidiaritätsprinzips vor Ort unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten angegangen werden.
- Das politische System erhält einen höheren Grad an Legitimation. So wird Akzeptanz gegenüber dem Staat generiert, auch wenn in Kiew eine unbeliebte Regierung an der Macht ist.
Zurück zur Arbeitsebene – der Föderalstaat als gemeinsames Projekt
Um den Konflikt zu entschärfen sowie der Ukraine und den europäisch-russischen Beziehungen mittelfristig wieder eine positive Zukunft zu bescheren, müssen die Akteure vor allem auf die Arbeitsebene zurückkehren. Sicher soll und wird sich auch weiterhin die politische Prominenz öffentlich äußern, um nicht den Eindruck von Gleichgültigkeit zu erwecken. Gleichzeitig darf es nicht erneut zu einer verfahrenen Situation kommen, in der die Beteiligten einen Gesichtsverlust fürchten müssen und sich daher beharrlich zeigen. Eine Verfassungsreform und eine daran gekoppelte Umstrukturierung des ukrainischen Staatswesens kann ein gemeinsames Projekt der Konfliktparteien werden. Insbesondere Deutschland und Russland verfügen über viel Erfahrung bei der Errichtung und Steuerung föderaler Strukturen.
Es wäre entschärfend, wenn am Verhandlungstisch nicht Vladimir Putin und Angela Merkel, sondern zum Beispiel der Staatssekretär des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen, der Minister für internationale Angelegenheiten des Landes Baden-Württemberg, der Europaminister des Freistaates Bayern oder Beamte auf Referats- und Abteilungsleiterebene aus den Ländern mit ähnlichrangigen Vertretern aus den Regionen Rostov, Nizhny Novgorod oder St. Petersburg gemeinsam mit Vertretern der Ukraine über eine föderale Verfassungsänderung und die praktische Umsetzung diskutierten. Durch verschiedene Arbeitsgruppen zu Themen wie Gesundheit, Umwelt oder Bildung können feste Arbeitsstrukturen und gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Auf diesen Ebenen bestehen bereits funktionierende Kanäle, Netzwerke, teilweise Vertrauen sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Kooperationen und Abhängigkeiten. Institutionen wie Stiftungen, Wirtschaftsverbände oder Handelskammern können solche Arbeitskreise beratend ergänzen. Durch die Verlagerung auf niedrigere Hierarchieebenen und damit „unbekanntere Gesichter“ würde die mediale Aufmerksamkeit vermindert und ließe den Akteuren den notwendigen Raum für die Arbeit an der Sache.
Es darf nicht weiterhin ein Gegeneinander der Beteiligten geben. Nur gemeinsames Handeln der Konfliktparteien kann Stabilität, Frieden und Wohlstand für den europäischen Kontinent ermöglichen. Dass in der Ukraine aus Furcht um die Eigenständigkeit Vorbehalte gegen solche Arbeitsgruppen bestehen ist verständlich. Jedoch muss der Ukraine klar gemacht werden, dass eine Transformation zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ohne Hilfe von außen nicht erfolgreich sein kann. Dafür gab es in den letzten Jahrzehnten hinreichend viele Beispiele – unter anderem die Ukraine selbst nach 2004. Auch der Einbezug Russlands wird insbesondere bei der aktuellen ukrainischen Regierung und vor allem der Maidanbewegung auf Widerstände stoßen. Die letzten Wochen haben jedoch gezeigt, dass eine Lösung ohne Russland nicht möglich ist.