Die absolute Mehrheit, die Enttäuschung und die Gefahr der Straße – Warum Macron gleich zu Beginn scheitern könnte

Image by LeWeb via Flickr , CC-BY-2.0.

Was bisher geschah – der frische Wind

Zwei Wahlen, zwei Einträge in die Geschichtsbücher der Grande Nation. Erst die Präsidentschaftswahl am 23. April, dann die wichtigen Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni. Erst bebte bei den présidentielles die Erde unter den Füßen der Altparteien, dann kam es bei den législatives zu einem deutlichen Sieg von Macron. Die politische Landschaft wurde durcheinandergewirbelt, das Establishment auf den Kopf gestellt. Die Bürger haben die etablierten Parteien, die jahrelang kein Mittel gegen die steigende Arbeitslosigkeit finden konnten, abgestraft. Sie haben keine Lust mehr auf Skandale, die den Stolz der Grande Nation angreifen. Da war ein Präsident, der sich mit Motorroller heimlich zu seiner Affäre schleicht – Sixt freut sich, die Welt lacht. Da war ein aussichtsreicher Kandidat auf das politische Zepter Frankreichs, der seine Frau als Assistentin einstellt – der Steuerzahler zahlt, sie assistiert aber nicht. Peinlich. Beschämend. Es reicht. „Die absolute Mehrheit, die Enttäuschung und die Gefahr der Straße – Warum Macron gleich zu Beginn scheitern könnte“ weiterlesen

Warum Wählen Pflicht ist

Je weniger Du Dich für Politik interessierst, desto mehr bist Du dazu verpflichtet, wählen zu gehen. Ein Gedankenexperiment frei nach dem „Herrn der Fliegen“.

In letzter Zeit bin ich öfter mal angeeckt. Ich bin der Meinung, dass jede/r einzelne die Pflicht hat, wählen zu gehen. Und um das tun zu können, muss jeder mindestens einmal die Woche die Nachrichten schauen. Das hat viele Leute auf die Palme gebracht: Das könnte ich doch nicht von jedem verlangen. Es gäbe einfach Menschen, die sich nicht für Politik interessieren und lieber in ihrem eigenen kleinen Kosmos leben wollen. Doch gerade diese Menschen müssen wählen gehen! Politikverdrossenheit als Verpflichtung? Ganz genau. Doch fangen wir vorne an. „Warum Wählen Pflicht ist“ weiterlesen

Brexit: The UK hurt itself in Confusion

With a week left to go before the referendum, I thought I’d post my thoughts about it. Despite my reservations about having a referendum in the first place, when it was made for-certain that a referendum on our membership of the EU would happen I thought that it would be a chance for the UK to have a much-needed education about the EU. But this does not seem to be what is happening, and the Leave campaign does not want people to be educated about the EU. „Brexit: The UK hurt itself in Confusion“ weiterlesen

A European public sphere needs a strong European Parliament – and vice versa

This article is the first we publish in two languages. For the German version see below.
Dieser Artikel ist der erste, den wir in zwei Sprachen publizieren. Eine deutsche Version findet sich weiter unten.

Travelling circus coming to an end?
The European Parliament has just decided (Heads up: Brussels‘ officialese), in form of a non-legislative resolution, to seek to alter the Treaty of the Functioning of the European Union. The parliament, whose location has thus far been decided by the member states, wants to determine its seat on its own. The background for this decision is the fact that the EP is, at the moment, based in three different cities: Luxembourg, Strasbourg and my current home Brussels. This set-up is seen as expensive, arduous, bad for the environment and the reputation, but it is however enshrined in the treaties. The parliament now officially opposes this “compulsory and excessive travelling circus“ as Green deputy Gerald Häfner described it.
This resolution of the European parliament illustrates two things: On the one hand it may show that the parliament is emancipating itself from the other EU-institutions and the member states – with the members deciding matters against the will of the member states‘ governments. On the other hand, the ongoing ineptitude of the EP becomes evident, as it is missing a basic right: To decide on when and where it wants to congregate. Indeed, the parliament has been strengthened by the Treaties of Maastricht in 1992 and Lisbon in 2007 and now has co-legislative powers within the EU. Nevertheless, the EP still does not have the right to initiate legislation and can only confirm the composition of the European Commission, which acts virtually the European government. Furthermore, this parliament has to share legislative authority with the Council of the European Union (aka Council of Ministers), which represents the national governments as opposed to the European citizens.

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Stell dir vor, es sind Wahlen – und keiner geht hin

Heute sind Bundestagswahlen und im Endspurt des Wahlkampfes scheint doch noch Spannung aufgekommen zu sein. Bei gleich drei Parteien (FDP, AfD, Piraten) geht es um die Frage, ob sie den Sprung über die 5-Prozent-Hürde schaffen, bei den anderen Parteien ist ebenfalls vieles offen. Die SPD, die ihre Beliebtheit in den letzten Wochen etwas stabilisieren und steigern konnte, hofft noch auf ein Überraschungsergebnis über 30 Prozent. Bei den Grünen hingegen, die lange Zeit Umfragewerte von über 15 Prozent erreichten, läuft der Trend andersherum. Sie müssen befürchten, ihr Wahlergebnis von 2009 (10,7 Prozent) zu unterbieten. Die Linken und die CDU blicken dagegen relativ entspannt auf den Wahlausgang. Während die Linke sich auf vier weitere Jahre in der Opposition vorbereitet, darf die CDU hoffen, weiterhin als stärkste Partei an der Regierung zu bleiben. Offen ist aber die Frage, mit wem die CDU koalieren kann. Bei einigen konnte das Interesse für die Wahl am Ende des über weite Strecken eher langweiligen Wahlkampfes deshalb doch noch geweckt werden. Mit Spannung erwarten Beobachter daher die Wahlbeteiligung, die 2009 auf den historischen Tiefstand von 70,8 Prozent gesunken war. Selbst wenn der Trend einer seit 1998 sinkenden Wahlbeteiligung heute gestoppt werden sollte, dürften die Nichtwähler weiterhin einen großen Anteil der Wahlberechtigten ausmachen.

Was bedeutet es aber für Politik und Demokratie in Deutschland, wenn sich ein bedeutender Anteil der Bürger für das Nichtwählen entscheidet? Manche sehen im Nichtwählen eine „Verletzung der Bürgerpflicht“, andere halten es für eine Form des Protests. Dem liegt jeweils die Vorstellung zugrunde, dass eine hohe Wahlbeteiligung Indikator für eine stabile Demokratie ist und niedrige Wahlbeteiligung Unzufriedenheit mit dem System signalisiert. Doch ist das wirklich der Fall?

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