Schreibt nicht den Teufel an die Wand!

Ich habe die Nase voll. Tod, Katastrophe, Anschlag. Tod, Katastrophe, Anschlag. Ist die Welt so bösartig, wie sie auf uns einprasselt? Würde man den Eilmeldungen der auflagenstärksten Zeitungen, der meist gesehenen Nachrichtensendungen und der meist geklickten Online-Portale Glauben schenken, dann ist die Welt dem Untergang geweiht. Ich habe jetzt alle Nachrichten-Apps auf meinem Smartphone deinstalliert, weil jede destruktive Nachricht alle meinen guten Vorsätze für den Tag zunichte machen kann. „Schreibt nicht den Teufel an die Wand!“ weiterlesen

Feierabend – Vom Ende der Arbeit

Als in Frankreich im späten 19. Jahrhundert die Arbeiter durch Dampfmaschinen ersetzt werden sollten, flogen die Sabots. Die hölzernen niederländischen Treter sollten der Legende nach nicht nur die frühen industriellen Maschinen kaputt machen, sondern auch für das Wort Sabotage verantwortlich sein. Knapp einhundertfünzig Jahre später fliegen wieder Symbole des Protests. Doch diesmal richtet sich die zerstörerische Wut nicht gegen die dampfenden Ungetüme. Diesmal richtet sich die Wut gegen Autos und ihre lenkenden Tagelöhner, die stellvertretend für eine Weg-Digitalisierung der Arbeiterschaft stehen. „Feierabend – Vom Ende der Arbeit“ weiterlesen

Why I am Pro-European: The Democratic Case for Bremain

In many articles, this blog articulates a pro-European perspective. With the British referendum on UK membership in the European Union only a few days ahead, I thought that it’s about time to explain the basis for this endorsement of European integration. After Jonny has shone light on the two sides of the referendum debate, finding that the Leave campaign’s strategy is aimed at misinformation, I will provide a more general justification for an integrated European polity and thus, also, a remain vote.

Different to many rationales we hear in the debate on the British EU referendum, my argument for European integration is not based on economic or security concerns. Nor does it rest on the idea of a European cultural or philosophical heritage or even a nation-like sense of ‘togetherness’ some Europhiles proclaim can be found in Europe. These aspects can provide good reasons for supporting the EU, but for me, they are not convincing enough. My endorsement of European integration is based on my fundamental support for democracy.

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Brexit: The UK hurt itself in Confusion

With a week left to go before the referendum, I thought I’d post my thoughts about it. Despite my reservations about having a referendum in the first place, when it was made for-certain that a referendum on our membership of the EU would happen I thought that it would be a chance for the UK to have a much-needed education about the EU. But this does not seem to be what is happening, and the Leave campaign does not want people to be educated about the EU. „Brexit: The UK hurt itself in Confusion“ weiterlesen

Schritte in Richtung einer Utopie: Ein pragmatischer Blick auf das Grundeinkommen

Ist ein flächendeckendes bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) realisierbar? Diese Frage stellt sich zwingend, sobald man Sörens gute Argumente für die Einführung eines Grundeinkommens akzeptiert. Selbst wenn Eva eher pessimistisch ist, dass die momentane deutsche Sozialgesetzgebung mit der Idee eines BGE vereinbar ist, glaube ich, dass es durchaus möglich ist, dieses Projekt anzugehen. Bisherige Ansätze streiten sich in der Regel darum, was in der momentan noch utopischen BGE-Gesellschaft für wirtschaftliche und fiskalische Regeln gelten und verlieren dadurch das jetzt schon Machbare aus dem Blick – dabei ist der deutsche Sozialstaat schon wesentlich näher an einem Grundeinkommen dran, als man zunächst glauben mag. „Schritte in Richtung einer Utopie: Ein pragmatischer Blick auf das Grundeinkommen“ weiterlesen

Rechtes Denken, linkes Denken

Wenn man heutzutage jemanden so richtig beleidigen möchte, genügt es schon, ihn als politisch rechts zu bezeichnen. Schon ‘konservativ’ reicht aus. Denn das sagte ich meiner Begleitung nachts auf dem Nachhauseweg in einem Berliner Taxi. Das fand sie gar nicht gut, auch wenn es neutral festgestellt, wenn auch zugegeben nicht mehr ganz nüchtern vorgetragen wurde.

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The Big Short – Die Wette gegen unsere Generation

Die Hinweise, versteckt lediglich durch die Vielzahl der Fragmente, die wir jeden Tag wahrnehmen und als relevant oder irrelevant einstufen müssen, waren offen sichtbar. Das vermittelt The Big Short – ein Film über die Wallstreet-Trader, die der Immobilienblase von 2007 auf die Schliche kamen: ein riesiges Kartenhaus, sich selbst bestätigend und zusammengehalten von den Eigeninteressen der Spieler.

Dieses Gefühl des Hätte-wissen-müssens ist nach dem Ereignis so natürlich wie trügerisch: Hätte man wirklich wissen können, dass die Beziehung in die Brüche geht? War es tatsächlich abzusehen, dass das Internet sich so stark in allen Lebensbereichen durchsetzt? Im Nachhinein betrachtet fallen uns „die Schuppen von den Augen“ – warum also nicht vorher?

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Zwang statt Kooperation – Der deutsche Sozialstaat und der steinige Weg zum BGE

Das BGE basiert auf dem Gedanken von Freiwilligkeit, Selbstbestimmung und Kooperation. Die deutsche Sozialgesetzgebung hingegen ist maßgeblich geprägt durch die erzwungene Kooperation. Der Beitrag wirft einen Blick auf den Status Quo und die Risiken und Nebenwirkungen der „Hartz IV“-Gesetze und zeigt auf, wo erste Stellschrauben gedreht werden können und müssen.

Das download9bedingungslose Grundeinkommen (BGE) knüpft, wie in dem Artikel „Wo Karl Marx recht hatte“ beleuchtet, an den liberalen Gedanken von der Freiwilligkeit des Einsatzes der Arbeitskraft und der damit einhergehenden Gleichberechtigung an. Indem das BGE den Menschen die Existenz sichert, ermöglicht es ihnen Autonomie und Selbstbestimmung. Im Gegensatz dazu steht die deutsche Sozialgesetzgebung, die insbesondere im Bereich der Fürsorge maßgeblich geprägt ist von dem Zwang immer und überall bereit zu sein, die  eigene Arbeitskraft einzusetzen. Dieser Beitrag will zunächst einen Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen des Sozialstaates werfen und anhand einer näheren Betrachtung des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II, geläufig auch unter den Schlagwörtern „Arbeitslosengeld 2“ oder „Hartz IV“) seine zu Grunde liegenden Prinzipien herausarbeiten. In einem zweiten Schritt werde ich Risiken und Probleme der derzeitigen Regelung aufzeigen und der Frage nachgehen, welche ersten Schritte auf dem Weg hin zum BGE möglich und notwendig wären. „Zwang statt Kooperation – Der deutsche Sozialstaat und der steinige Weg zum BGE“ weiterlesen

Wo Karl Marx recht hatte. Warum wir jetzt über das bedingungslose Grundeinkommen nachdenken müssen

Karl Marx hatte recht. Nicht in Allem, vielleicht nicht einmal in Vielem, aber doch: Es gibt mindestens eine Schwäche (kapitalistischen) Wirtschaftens, die er präzise wie kaum ein anderer erfasst und benannt hat: Im Kapitalismus, so schrieb Marx in Das Kapital, ist der Arbeiter „frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andererseits andere Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen“. Das bedeutet, dass der Arbeiter „seine Arbeitskraft selbst, die nur in seiner lebendigen Leiblichkeit existiert, als Ware feilbieten muß“. Der Arbeiter also, so könnte man etwas weniger umständlich formulieren, hat keine Wahl – er muss arbeiten, um zu überleben.

John Jabez Edwin Mayall: Foto von Karl Marx, vor 1973
John Jabez Edwin Mayall: Foto von Karl Marx, vor 1873

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Erlogene Wahrheiten und wahre Lügen. Verschwörungstheoristen und die Realität der Massenmedien

Warum Realität fluider wird, Verschwörungsphantasien ein regressiver Reflex auf moderne Massenmedien sein könnten und kritische Vernunft erkenntnisfördernd wirkt.

Wenn die Welt von Marx für ihn aussah wie eine unglaubliche Ansammlung von Waren – diesen Dingern „voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken“ – wie würde sich Marx dann heute in der Welt zurechtfinden? Das „Informationszeitalter“ hat gelernt, eine ganz eigene Produktionsweise von Waren in Form von Meinungsofferten zu entwickeln, die sich augenscheinlich sehr differenziert hat. Diese Waren werden nicht mehr primär auf ökonomischen Märkten gehandelt, sondern auf hoch frequentierten und hoch frequenten Märkten für Öffentlichkeiten. Meinungen, Neuigkeiten, Nachrichten kursieren als Produkte dieser Märkte und werden bewertet und konsumiert. Auch hier, ganz wie auf den ökonomischen Märkten, herrscht Überfülle: ein riesiges Spektrum an Meinungsbedürfnissen kann/könnte befriedigt werden. Die Medienlandschaft will und muss sich, um das leisten zu können, organisieren – gesellschaftlich und eben nicht persönlich organisieren wie manche „Lügenpresse!“-Schreihälse es sich scheinbar nur vorstellen können. Es gibt keine Leitinstanz, kein Kartell, keine Oberhoheit, das die Medien steuern oder auch nur überblicken könnte. Massenmedien steuern sich selbstreferenziell. Und dies ist eine unglaublich unwahrscheinliche und bewahrenswerte Kostbarkeit.

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